Johann Salomon Hegi (1814-1896)

Editorial


Maler, mit Keller seit dessen Münchner Aufenthalt befreundet

 


7. 5. 1869  Johann Salomon Hegi an Keller

<ZB: Ms. GK 79c Nr. 105; Hegi/Keller, S. 240>

                                                            Schaffhausen d 7 Mai.

Mein Lieber!

Du wirst schon errathen, dß ich wiederum mit einer petition einzukommen habe. Du irrst Dich wahrhaftig nicht! Man erhöht mich vom "sich hier aufhaltenden" zu einem "Niedergelassenen" - fordert mir nun aber ein Leumundszeugniß von Zürich. Was ist das, - von wem muß ich das fordern? Sind das wie andere polizlch. Papiere, gedruckte Formulare die ein Polizeisekretär ausfüllt; oder habe ich mich noch um anderes zu bewerben. Du, in die Mysterien der Gesetzgebung Eingeweihter, höre mich genädiglick, u gieb mir einen verständlichen Wink, damit ich weiß, wie den Karren in Lauf bringen.

    Daß ich Dir, mein Alter, immer nur zu schreiben habe, wenn mich irgendwo der Schuh drückt, bist Du wahrhaftig selbst Schuld. Nie hört man etwas von Dir. Es ist als ob Du ein rein vegetatifes Leben führtest, wo Ernährungsprozeß, u Wechsel von Wärme u Feuchtigkeit die Hauptrolle spielen. Ob diese ihren geregelten Gang gehen, od. ob Störungen eintretten, darüber hört man vom Individuum selbst kein Sterbenswörtchen. Natürlich es fehlen ihm d. organe dazu, voraus aber d Facultat zum Erkennen seines "Ich" zu kommen. - O, wai! geschrieen, mir fällt eben ein, was Du in Deinen Bart brummen wirst. Ungefähr so "Kerl, was habe ich mit Dir zu schaffen" - |

    Hast ganz recht! - Will daher auch schweigen, wenn ich Dir noch gesagt habe: dß ich eben wohl weiß, dß Du ein ganz anderer Bursche bist, der etwas mehr versteht, als nur in u mit der Materie zu leben. Nur hätte ich auch gerne v. Zeit zu Zeit ein Brocklein v. Deinem Desert -- aber es scheint, Du hast den Grundsatz "selber Essen macht fett!" Oder gar, ich müßte vielleicht, sagtest Du mir d. Wahrheit, Sachen hören, die für mein l. Ich nicht zu dem gehörte, was man hinter Glas u Rahm aufbewahrt. Vor einiger Zeit hoffte ich Dich zu überraschen mit einer radierung nach Deinem "Seldwila". Rüdisühli Basel forderte mich auf einen Beitrag zu liefern für das KünstlerAlbum, das er herausgibt. Nachdem ich die radierung gemacht, kamen die ersten Abdrücke so klecksig, dß ich erschrack, allein er beruhigte mich darüber, u ich machte noch einige Tonlagen. Nun kam er mit dem Ansinnen, ich möchte meine Platte zurückziehn, u eine andere machen, mit ein höchstens zwei Figuren. Dazu offerirt er p. Platte fs 50 - Ich antwortete ihm, er soll meine Arbeit ausschliessen, eine 2te Platte werde ich nicht machen. Er schrieb mir noch 2mal aber ich blieb stumm. Ich lege Dir die Pause bei, die Probdrücke bringe ich, wenn ich wieder nach Zürich komme. Will sie auch Werdmüller zeigen. Spar Deinen Senf nicht über die Pause, u laß mir ihn zukommen.

    Hast Du vielleicht Schweinichens Lebensbeschrb d. u würdest sie mir anvertrauen.

    Nun, mein Alter, sei doch nicht so geizig - Zukunft mit Feder | Tinte u Papier. Aber freilich, wo man Versprechen nicht besser nachkommt, ist da, wo keine gegeben sind wenig zu hoffen. Du wirst wohl nicht wissen, worauf das ziehlt. Du hast mir s. Z. versprochen von Deinen Arbeiten mir etwas zuzusenden, habe aber bis heute nichts erhalten. - Wenn nur d. Schreiben u Packen nicht wäre! Hab ich nicht ins Schwarze getroffen?

Gehab Dich wohl! u zürne nicht

Deinem

J. S. Hegi


12. 5. 1869  Keller an Johann Salomon Hegi

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 14/4; GB Bd. 1, S. 219>

Lieber Freund!

Siehst du, fast hätte ich vergessen deinen Brief zu beantworten, da er sich richtig wieder unter die Staatsakten verkrochen hat u bei Abtragung einer Schicht wie ein Skorpion unter einem Mäuerlein liegt.

    Das Leumundszeugniß mußt du einfach vom Stadtrathe oder der Stadtkanzlei Zürich verlangen; dort ist aufgezeichnet, ob du schon gerichtlich bestraft worden, in welchen Zuchthäusern du gesessen und ob du im Uebrigen eines unbescholtenen Leumdens genießest, so viel "hierorts" bekannt sei.

    Ich führe allerdings ein etwas vegetatives Leben, das aus Essen u Schlafen besteht, mit Einschaltung von 8-10stündiger Amtsarbeit täglich. Daß dabei die Lust zum Briefschreiben klein wird, besonders wenn | man sich noch ein Stündchen für die Privatlektüre oder Kramen in alten Papieren retten will, dürfte begreiflich sein.

    Vermutlich wird das demnächst ein Ende nehmen u werde ich beim Antritt der neuen Regierung als ein "Zopf" oder "Reaktionär" wieder in meine Poetenfreiheit zurückgelangen und dann Zeit genug für die Abfassung von großen gedruckten oder kleinen gereimten Briefen an alle meine unzähligen Freunde und Bewunderer finden, welche eine wahrhaft unsichtbare Kirche zusammen bilden. Ich sehe viele meiner geehrten Herren Zuhörer, die nicht da sind! sagte jener Professor.

    Ich bedaure sehr, daß du dich durch eine meiner schnöden Erfindungen hast verleiten lassen, Pech mit einer Radirung zu haben, danke dir aber "vielmals" für die übersandte Pause. Die Composition ist sehr ergötzlich. Dennoch glaube ich, daß sie in der That ihrer Natur nach nicht ganz zu dem | Zwecke des Künstleralbums gepaßt, da sie etwas zu reich ist u zu wenig einen einfachen einheitlichen Effekt darbietet, wie solche radirte Künstlerblätter gewöhnlich thun. Indessen kann ich nicht urtheilen, da ich keinen Abdruck gesehen.

    Den Schweinichen hab ich nicht; wenn er nicht auf der Schaffhauser Bibliothek ist, so kannst du dir ihn durch Vermittlung eines Herrn u Burgers aus der Zürcher Stadtbibliothek bezeuchen.

    Ich habe dir vermuthlich Arbeiten zu schicken versprochen, die noch nicht gemacht sind; also kann ich dieselben auch nicht verpacken. Denn wie etwas Versprochenes aber nicht Vorhandenes eingepackt werden kann, kann höchstens eine falsche Schöne sagen, die sich verheiratet und dabei kein Herz hat.

    Komm bald einmal nach Zürich u lebe inzwischen vergnügt

                                                Dein

                                                G. Keller.

Zürich 12 Mai 1869.


29. 9. 1881  Keller an Johann Salomon Hegi

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 14/6; GB 1, S. 222>

                                                            Zürich-Enge

                                                            29 Sept. 1881

Mein lieber alter Freund!

Dieser Tage habe ich durch Dr. Bächtold von Schaffhausen, der hier lebt und Dich vielmal grüßen läßt, Deine Adresse erhalten können und dabei erfahren, daß du immer in Genf lebst. Wie es Dir geht und was Du treibst, weiß ich freilich nicht und zwar seit vielen Jahren nicht.

    Ich möchte daher mit diesen Zeilen dich nur ein wenig aufwecken, damit Du etwas von Dir hören läßest, und sende gleichzeitig, um Dich durch die Erinnerung an die Heimat eher zu rühren, ein par Bändchen Zürcher Erzählungen an dich ab, die ich vor einigen Jahren | gemacht. Bist Du noch leselustig, so kann ich Dir noch Mehreres schicken, das ich verübt habe; denn seit vier Jahren habe ich meine Staatsschreiberei an den Nagel gehängt und hocke auf dem alten Bürgli in der Enge, um die letzten Tage, die mir beschieden sein mögen, noch den ursprünglichen Neigungen zu widmen.

    Rapple dich also auf, alter Jean Salema Hegi, nimm ein Böglein Briefpapier, und gib Laut!

    Um Dir von alten Reminiszenzen etwas zu sagen, theile ich mit, daß ich vor einiger Zeit eine hübsche und gebildete Tochter unseres verstorbenen Ferdinand Wydler kennen gelernt habe, welche an einen | reichen Aarauer unglücklich verheirathet war, sich scheiden ließ und nun als Erzieherin nach Schottland gegangen ist. So gehen die Schicksalswege!

    Leb für einstweilen wohl und gesund und sei gegrüßt von deinem

                                                uralten Gottfr. Keller


9. 10. 1881  Johann Salomon Hegi an Keller

<ZB: Ms. GK 79c Nr. 107; Stähli 1985, S. 251>

                                                            Genf den 9 Octb. 1881.

Mein Lieber!

Du hast mir durch Deine werthen Zeilen u. beigelegtem Buch den 30 Septb. zu einem Freudentage gemacht, der von nun an in meinem Kalender roth angeschrieben steht. Gerne hätte ich Dir meinen herzlichen Danck sogleich kund gethan, allein gegen meinen Willen mußte ich es verschieben bis heute, da mein Freund, neben dem ich mein Arbeitszimmer habe, meine Hülfe dringend bedurfte. Selbst vergangenen Sonntag mußte ich meinen gewohnten Spatziergang unterlaßen, u. bis Dunkelwerden arbeiten, u. so die Woche durch bis gestern Abends. Morgen wird es wieder von Neuem losgehen.

    Dein Glaube, ich habe nöthig aufgeweckt zu werden um etwas von mir hören zu laßen, setzte meine Lachmuskeln in kleine Bewegung. Du bist nämlich auf dieser Fährte in falscher Richtung, da mich ein anderer Beweggrund zum Stillsein bewog.

    Wie sollte ich Grashupfer, dessen Tummelplatz der Erdboden ist, dessen Höhe, auf die er sich zuweilen zu schwingen vermag, die Spitze eines Grashalms ist, | das Vögelein erreichen, das sich in den Höhen wiegt, um seine Freundschaft zu pflegen? Similis simile gaudet - heißt es so viel ich mich erinnere, u. dabei wollte ich bleiben. Ja - sowie ich wieder einmal nach Zürich gekommen wäre, dann hätte ich meinen lieben, alten Freund aufgesucht, u. mir keinen Vorwurf gemacht, ihm ein Stündchen od. so was zu rauben. Schriftliche Unterhaltung anzufangen, fand ich zu anmaßend, denn da muß auch Etwas gebothen werden können, das Zeit zum Lesen werth ist. Nun ist es freilich was Anderes. Vögelein kommt zum Grashüpferlein u. frägt freundlich "was machst guts". Da schnurrt's fröhlich mit den Flügeln u. antwortet. Ist es langweilig - je nun - seine Schuld ist es nicht. S'Vögelein hat ihn aufgefordert, u. er thut so gut er kann. Das gerade Gegentheil war meine Position. Wie der Astronom von seinem dunkeln Winkel aus, den Gang des hellstralenden Sternes verfolgt, konnte ich, unter einem dürren Blatt versteckt, den Wandel meines Freundes folgen, u. mich herzlich freuen, im Stillen mir sagen zu können "das ist mein alter Gottfried, und Tausende freuen u. genießen seiner, wie ich". Als ich Deine Creirung zum | Doctor las, kitzelte es mich gewaltiglich, Dir meine referenz zu machen. Aber - <">still da, du Grashupfer". hieß es. Nach Alle dem könntest Du mir nun zu der Meinung kommen, als hielte ich es für möglich, dß. Lob u. Ehre, die Dir geworden, Dich etwas angeraucht, u. Dein Herz für ein gewöhnliches Menschenkind entfremdet hätte. Allein auch darin, wärest Du ebenfalls auf falscher Fährte. Ich gedachte Deiner so oft, u. in ungeschwächter Freundschaft, aber mich aufdrängen, wollte ich nicht; das wäre es aber gewesen, hätte ich so ex abrupto Dir geschrieben. Was kann ich Dir sein od. biethen. "Da hättest Du mir doch mittheilen können, was Du treibst, wie es geht etc¿?". Darüber schweige ich lieber, denn was läßt sich erzählen, wenn man unter fahlem, dürren Laub verborgen lebt!

    Deine Zürich. Novlln habe ich schon bis fast zu Ende gelesen. Am Empfangstage selbst habe ich, wie H. Jacques gehörig geschwänzt, indem ich die Pausen dehnte, wie ein elastisches Band. Nachher gieng es leider nicht mehr, sonst wäre ich schon lange fertig. Dazu muß ich bemerken, dß. ich nicht verschlang, sondern aufmerksam las, u. buchstäblich mich so in das Gelesene vertiefte, dß. Alles mir in | lebhaften Bildern vorschwebte, so dß. ich mit Jcq. bummelte, den Pathen hörte, mit C. v. Mure nach den Alpen u. in's Limmatthal blickte, Hadlaub, wie er mit den Kühen nach Hause kommt, u. nachher von Fides das "du dummer Bub" erntet, sogleich hätte hinzeichnen können. (Was auch geschehen wird, wenn ich Zeit dazu finde.) So gieng es fort bei'm Narr a. Manegg, Landolt, den 7 Aufrechten u. Ursula wo ich bis zur Räumung d. Kirchenschatzes v. Münster gekommen bin. Ich sprach davon einigen Bekannten, die Geschmack an solcher lecture haben, die speculiren jetzt darauf, wie Habicht auf ein Hühnlein.

    Dß. Dr Baechtold noch meiner gedenkt, freut mich sehr. Auch seinen Gang konnte ich in großen Zügen verfolgen, durch Mittheilungen im "Bund". Eine Broschüre v. ihm hatte sich einmal hieher verirrt. Als ich einige Zeit nachher zum Buchhändler gieng, um sie zu kaufen, war sie nicht mehr zu finden; Ich nannte den Autor, wußte aber die Verlagshndlg. nicht, mußte daher unverrichteter Sache abziehn.

    Da hast Du wohl recht - wer hätte, als wir noch mit Ferdinand in München beisammen saßen geahnt, dß. der Gang von ihm u. s. Familie einen solchen Ausgang nähme. |

    Bist Du nun zufrieden, mein Lieber! Nimm einen tüchtigen Handschlag u. herzlichen Gruß von Deinem

                                        J.S.Hegi.

rue des Chanoines, 7.



2. 9. 1884  Keller an Johann Salomon Hegi

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 14/8; GB Bd. 1, S. 224>

                                                           Zürich 2. IX. 84

Lieber Freund! Sehr hat es mich gefreut, von Dir so bald und sans rancune wieder Nachricht zu erhalten von deinem Thun und Treiben. Für den Augenblick will ich Dir jedoch bloß vorläufig sagen, daß in Zürich die Appenzeller'sche Kunsthandlung am Rathhausplatz Bilder an ihren Schaufenstern ausstellt, wo erst letzte Woche ein schönes Bild von Rudolf Koller zu sehen war. Auch gute Portraits, Landschaften etc. | sind öfter's da zu sehen. Deine unglücklichen Majolika-Abenteuer haben mich recht geärgert; ich meine aber, es sollte Dir doch auf diesem Felde irgend ein Stern leuchten.

    Von meinen Imprimaten werde ich ehestens einzelne Kreuzbandpaketchen Dir zu senden anfangen. Wolltest Du mir gelegentlich schreiben, ob Du die 7 Legenden 1872, ferner die Fortsetzung der Leute von Seldwyla von 1875 je gelesen hast. Ferner will ich Dir, wenn Du den 4bändigen Wälzer haben | magst, den "Grünen Heinrich" schicken, der in 2 neuern Auflagen umgearbeitet erschienen ist.

    Bis dahin vale

                                               Dein alter Gottfried,

                                               genannt der Keller.



 

24. 12. 1884  Johann Salomon Hegi an Keller

<ZB: Ms. GK 79c Nr. 115; Hegi, S. 263>

Genf d. 24. Dezmb. / 84.

Theurer Freund!
 
Fürchte nicht, daß ich ein "pecavi" singen, u. dann recht gründlich Alles aufzählen werde, was meine scheinbare Faulheit u. Rücksichtslosigkeit entschuldigen könnte. Das aber wirst Du am Platz finden, dß. ich Dir kurz die Ursache erwähne, die mich bis heute verhinderte, Dir den Empfang Deines werthen opus "d. 7  Legenden" anzuzeigen, u. meinen Dank dafür Dir auszusprechen.

     Ich glaube Dir schon den Tod v. Frdch. Zimmermann Landschaftsmaler v. Diessenhofen mitgetheilt zu haben, ob auch meine Ernennung als Testamentsvollstrecker, weiß ich nicht. Dieser Auftrag werde mich auf ein Paar Wochen in Anspruch nehmen, rechnete ich, allein da dauerte es bis Ende Novb. Dieser l. Freund hinterließ einige 40 Gemälde, über 500 Studien u c. 200 Aquarellen. Bis Alles aufgenommen, geschätzt dann numerirt u catalogisirt war, brauchte es schon ein Paar Wochen, dann gieng es an den Verkauf u. zum Schluß wurde noch eine Ausstellung veranstaltet, die am 15 Novb. endigte. Darauf wurde der noch immer ansehnliche Rest verpakt u. befindet sich jetzt | in Bern - nach Zürich wird auch noch eine hübsche Zahl v. Studien u Aquarll. kommen. Die hauptsächlichsten Bilder habe ich verkaufen können. Im Ganzen erzielte ich einen Erlös v. c. fr. 24 à 25,000. Die ganze Zeit über war ich nie mehr in meinem Arbeitslocal, mußte daher Alle meine Angelegenheiten liegen lassen. Auf Mitte dieses Monaths wollte ich zwei kleine Bildchen auf d. permanente Ausstllg. geben, deren Vollendung beschäftigte mich dann bis zum 15. dss. Nun, mein Lieber, weist Du, wie ich seit August meine Zeit zugebracht. Ich hoffe, auf ein gnädiges Urtheil.

     Die VII Legend. waren ein vademecum, bis ich sie gelesen, dann gab ich sie H. Rotschi - der sie mir dieser Tage zurückgab, worauf sie wieder genossen wurden, ohne dß. der Apetit gesättigt wäre. Das ist das angenehme, wenn man ein Buch eigen hat, dß. man zu jeder Zeit nachschlagen kann, wenn man was auffrischen will - da kannst Du Dir vorstellen, wie oft ich Dir danke.

     Zur ceramik zurückzukehren habe ich keine Lust, ich bin zu wenig Decorateur um damit etwas machen zu können. D. h. meine Kompositionen | sind immer zu, wie soll ich sagen? - zu komplizirt, u. fordern daher viel Arbeit u. einen Preis, wie man Hier nicht dafür anlegt. Kommt nun dazu noch das Risiko beim Brennen, wirst Du zugeben, dß. d. Aussicht nicht lokend ist. Du hast mir Hoffnung gemacht, Dich im Lauf des kommenden Jahres hier zu sehen. Wie würde mich das freuen! Zuerst, Dich wieder zu sehen u. zu sprechen, u. dann, wieviel könnte mündlich verhandelt werden, das für e. Brief viel zu weitläufig ist. So möchte ich Dir z. B. eine kleine Charakteristik des hiesigen Kunst­publikums geben. Ich komme nämlich so eben von e. Aquarellen-Ausstllg. hiesgr. Künstler. Wenn ich nun aber die Sache gründlich darlegen wollte, forderte es eine wahre Abhandlung. Dazu bin ich nicht geschaffen, kann aber doch nicht ganz schweigen, u. muß meinem Ärger etwas Luft machen. -

     Die heutige Ausstellung, zusammengetragen von vier verschied. Malern, biethet nicht ein Drittheil des wie diejenige v. Zimmermann, u. davon kaum zwei, die sich den mindern v. Z. nähern dürften. Dennoch sind davon angekauft, verhältnißmäßig mehr als v. Z. Warum? - Weil es eben Genfer sind, u. man den | Schein, die Kunst zu unterstützen, retten muß. Die Richtung der jetzigen Schule Hier kapiere ich nicht - will gerne einmal Dein Urtheil darüber hören, wenn Du Gelegenheit gehabt, Produkte derselben zu sehen.

     Heut über 8 Tage haben wir schon wieder Neujahr - da bringe ich Dir jetzt schon meinen herzl. Glückwunsch, behalte ferner in freundschaftlichem Andenken

                                  Deinen

                                 J. S. Hegi

  

 
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